Angefangen hat es im Herbst 2018: Unser Imker, Alfons*, ein Nachbar und auch Guide der Taufkirchner Mountainbikergruppe lud mich ein, mal in der Gruppe mitzufahren.
Lange war ich zögerlich -ich war erst 16- und unser Imker schon Rentner.
Ich dachte mir: „Die sind alle zu alt für mich, in die Gruppe passe ich nicht“, „Ich bin doch viel zu schnell für die Anderen dort, ich will ja nicht die ganze Zeit auf die warten müssen und im Rentnertempo fahren“ und gefühlt tausend andere Sachen.
Aber ich war bis dahin fast immer alleine auf dem Rad: Auf dem täglichen Weg zu Schule, wenn ich mal meinen 10km entfernten Opa besuchte, auf den Besorgungsfahrten zum Eier holen.
Und dementsprechend hatte ich zwar Lust zum Radeln, hatte aber nie die Motivation neue und vor allem technisch anspruchsvolle und kräftezehrende Feld-, Waldwege und Trails zu fahren. Auch wenn ich schon seit jeher neugierig war, wohin der Weg, der Pfad führt, ohne Radlkollegen war es einfach anders. Ich weiß nicht wie ich das „anders“ bezeichnen soll.
Langweilig? Nein. Befremdlich? Ich kannte bis dahin ja beinahe nur den Radweg vor der Haustür zum nächsten Dorf, Taufkirchen, Markt, Velden und der nächsten Stadt, Dorfen. Und ja, die Nachbardörfer kannte ich auch noch, aber nur vom Namen, nicht vom Weg. Befremdlich schon eher, aber auch nicht so richtig.
Deshalb wage ich knapp ein Jahr nach der Einladung den Schritt und erscheine am gesagten Tag zur gesagten Uhrzeit an gesagtem Treffpunkt.
Auch wenn ich -wie ich aber erst viel später im Nachhinein feststelle- optisch so gar nicht zur Gruppe passe, werde ich gleich freundlich empfangen und darf mitfahren.
Mit „optisch“ meine ich hier nicht nur mich, einen 16 jährigen, der mit Ü50 Leuten fährt, sondern auch meine damalige „besondere“ Ausrüstung.
Während alle anderen in üblicher Radkleidung erschienen, kam ich mit einer normalen Jeans, einem gestrickten Pullover und einer Jacke daher.
Das war aber noch nicht alles: Das Sahnehäubchen machte mein „Fahrradhelm“ aus, der eigentlich ein Skihelm vom Supermarkt war.
Und darauf hatte ich ein magnetisches Signallicht mit Gummibändern montiert, welches eigentlich für Autos gedacht war, wenn sie auf der Straße stehen und eine Panne haben. Zur Sicherheit.
Ich nahm diese Sicherheit damals auch schon auf den Wegen zur Schulen sehr ernst und war dazu noch kreativ…
Und mit dem Skihelm bekam ich keine kalten Ohren im Winter.
Ganz einfach!
Natürlich hatte ich damals auch nicht einen Flaschenhalter und so kam ich die ersten Male immer mit der Satteltasche angereist, in der sich die Flasche befand und, die bei den Wurzeltrails nur so polterte.
Manchmal kam ich wegen der Breite auch nicht zwischen den Bäumen durch.
Im Nachhinein muss ich heute mit den anderen darüber lachen, denn ich sehe mich jedes Mal wieder auf‘s Neue aus der Perspektive der Anderen: Ein junger Mann, der lächerlich angezogen ist und meint, er würde es leicht mit den Alten aufnehmen können.
Doch das bemerkte ich erst im Anschluss, als es losging.
Zuerst einmal wurde ich so gut wie noch nie auf dem ersten Feldweg durchgerüttelt.
Die Gruppe gab richtig Gas -um es mir zu zeigen oder war es Normaltempo?
Im Nachhinein habe ich jedoch erfahren, dass der Ersatzguide, Johann*, etwas mehr in die Pedale getreten hat, als es normal Alfons* macht - Hoffnung!
Jedenfalls fahre ich zum ersten Mal so schnell auf einem Schotterweg wie noch nie und befürchte wegen des losen Untergrundes bald den Halt zu verlieren und zu stürzen.
Null Technik also, totaler Radwegradler!
Zum Glück warf es mich nicht und ich versuchte mitzuhalten.
Ich weiß noch, wie wenn es gestern gewesen wäre, wie ich mich einen Berg (für mich war es damals definitiv kein Hügel) hoch kämpfte und versuchte nicht ganz den Anschluss zu verlieren. Ich wollte mich schließlich nicht blamieren, wenn ich schon gleich bei den „echten“, den Legenden mitfahren wollte und nicht wie vom Guide empfohlen, bei den „Einsteigern“.
Nach den paar Feldwegen kamen aber erst die schwierigen Sachen: Wurzlige Trails, die mich mit meinem Hardtail nur so herrüttelten und an ein paar Stellen, zwischen manchen Bäumen, passte ich nicht einmal durch.
Schuld daran war meine breite Satteltasche, die im Gelände einfach unpraktisch war.
Nach einer 2 Stunden-Nachmittags-Tour um Taufkirchen kam ich sehr erschöpft daheim an, gleichzeitig war ich aber auch begeistert: Ich war für 2 Stunden in einer anderen Welt, bin dem routinierten Alltag entflohen und war doch nur wenig Kilometer von Zuhause entfernt.
Obwohl ich einen tagelangen Muskelkater hatte, war ich mir sicher: Ich will noch mehr Wege erkunden, in eine neue Welt eintauchen und die so nahe liegende Natur kennen lernen.
Auch wenn das mit Anstrengungen, unzähligen Muskelkatern und Qualen verbunden sein würde.
Aber das war es mir Wert und noch viele weitere Touren sollten in den folgenden Jahren mit der Gruppe folgen…
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